Schutzhütte Auenblick

Wir starten nach Sonnenaufgang und dem Räumen des Nachtlagers in Richtung Lenzen, passieren noch letzte Überreste der DDR Grenzsicherung. Die Elbe ist hier sehr natürlich, verlaufend, fast schon wie man sich den Mississippi vorstellt. Leider war ich nur in NOLA am Mississippi, dort ist er ein Wirtschaftsfluss ohne jegliche an Tom Sawyer und Huck Finn erinnernde Stellen. Mark Twain habe ich in der DDR gelesen, es ist eigentlich verwunderlich, dass das ging: spielt der Roman doch in den USA beim Klassenfeind und thematisiert die individuelle Freiheit und Selbstverwirklichung. In Lenzen erzählt die Bäckerin jedenfalls, dass man als Einwohnerin zu DDR Zeiten die Elbauen und die Elbe nicht gesehen habe: Das Sperrgebiet begann kurz hinter dem Ortsschild! Eigentlich unfassbar dieses Naturkleinod das halbe Leben nicht gesehen zu haben, obwohl man daneben gelebt hat.

Wir durchqueren ein paar weitere Dörfer bzw. Siedlungen. Die großen Gehöfte und massiven Kirchen berichten von Zeiten des preußischen Junkerturms, also als das auch noch wirtschaftlich relevant lief, also deutlich vor dem Kaiserreich 1871. Die Industrialisierung hat hier vielleicht die Eisenbahn und Kanäle gebracht, so richtig hat seither keine Strukturmaßnahme gefruchtet. Der Track wird zunehmend waldig, sandig, trailig… Ich bekomme dabei leider keine Power in die Pedale und hänge oft arg zurück, ob das an der Überlastung oder dem 12 jährigen Rum (+Bier) vom Vorabend liegt, kann ich nicht sagen. Zudem kommt, dass ich kein besonders begeisterter Trail-Fahrer bin, wenn ich über nen Radweg gleite oder nen Berg hoch- bzw. runterfahre bin ich glücklich, über Wurzeln hüpfen, Schlaglochslalom oder was-auch-immer-man-bei-Sand-macht ist nicht so meins. Apropos, wenn das jemand liest der/die sich mit Stretching oder Yoga auskennt – ich suche nach wie vor nach einem 10-15 Minuten Programm um die Beine/Corpus abends besser zu entspannen und auf den nächsten Tag vorzubereiten.

Das Stück entlang dem Müritz-Elde (?) Kanal ist dann wieder ganz schön, blöd nur, wenn man Hunger hat! In Neustadt-Glewe gibt es kein geöffnetes Restaurant oder Gasthaus, so bleibt uns an den Lewitzer Fischteichen nur eine „Fischbude“ aus LPG Zeiten:

Am Ende speisen wir zwei der drei kaufbaren Fische, zwei leckere Räucherforellen. Das ganze erinnert dann schon vom Setting her an ein wenig jesuanisches Speisungswunder:

„Dieser Knirps hat fünf Vollkornbrote und zwei geräucherte Forellen dabei. Das ist aber echt nur ein Tropfen auf den heißen Stein!“10 „Okay, sagt mal den Leuten, sie sollen sich irgendwo (…) hinpflanzen!“ 12 Und tatsächlich: Alle, die da waren und was gegessen hatten, wurden pappsatt!

Joh 6,9 ff. (Volxbibel.org)

Wir saßen jedenfalls windgeschützt in der Sonne auf Beton an einer Mauer des Fischladens und aßen zu dritt zwei Forellen mit Sahnemeerrettich aber ohne Brötchen oder sonstwo angerichtet. War natürlich trotzdem saulecker und zumindest bis zum Jagdschloss Friedrichsmoor (20 Minuten vom Fischteich) war der Hunger gestillt. Das Jagdschloss hatten wir (wortwörtlich) nicht auf der Karte und der dortige Kuchen war dann ein deutliches Kalorienupgrade für das Mittagessen.

So ging es alls weiter und am Abend saßen wir in Christers Gartenhütte, grillend, ab und an auf den Sternberger See blickend, hochzufrieden und in einem beheizten Raum. Mittlerweile hat es auch arg runtergekühlt und bei 8Grad muss man, aller Outdoor Romantik um Trotz, keinesfalls draußen schlafen.

Diese unglaubliche Weite
Trail
Am Kanal lang
Sternberg
Sternberger See
Sternberger See

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